Windbranche feiert sich selbst – zu Recht?

Das Jahr 2014 ist Vergangenheit und der Anfang eines neuen Jahres veranlasst stets dazu, zurückzuschauen. Das tut natürlich auch die Windkraftlobby und protzt mit Zahlen: so vermeldet der Bundesverband Windenergie den “Rekordzubau von 4.750 Megawatt in Deutschland“. Diese Zahlen werden von den Medien gerne aufgenommen, scheinen sie doch zu zeigen, auf welch gutem Weg die Energiewende ist. Mit den bloßen Zahlen nicht genug; wie so oft muss ein Vergleich her: Auf Spiegel online liest man “Neue Anlagen könnten vier Atomkraftwerke ersetzen“, auch bei n-tv wird zum besseren Verständnis der installierten Leistung der Vergleich mit Atomkraftwerken gezogen; hier sind es allerdings nur drei. Die Einheit “Atomkraftwerk” ist augenscheinlich nicht sauber wissenschaftlich definiert.

Drei – oder gar vier – Atomkraftwerke ersetzen? Das hört sich für den wenig informierten Überschriftenleser sehr gut an, suggeriert es doch, Deutschland könne auf weitere Atommeiler verzichten! Die Verschandelung unserer Natur und unseres Lebensraums sowie die ständig steigende Stromrechnung ist wohl der Einsatz dafür.

Immerhin schreiben Spiegel online und n-tv im Konjunktiv: könnten drei bzw. vier Atomkraftwerke ersetzen. Aber unter welchen Umständen könnten sie das denn? Natürlich nur genau dann, wenn die erbrachte Leistung genau 100% der installierten Leistung entspricht. Um Herauszufinden, wie wahrscheinlich das Eintreten dieser Möglichkeit ist, lohnt ein Blick in die Zahlen des letzten Jahres.

Die vier Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen die Windeinspeisedaten in ihrem Netz in einem 15 Minutenrhythmus und stellen diese zum Download bereit: dies sind Amprion50Hertztennet und transnetBW. Die installierte Leistung der WKA im Netz der Betreiber kann bei der Strombörse angezeigt werden.

Nach den Daten der Netzbetreiber lag die minimale Windstromeinspeisung für ganz Deutschland bei 0,068% der installierten Leistung und zwar am 17. Juli 2014 um 9:45 Uhr. Das entspricht einer Leistung von gerade einmal 24 MW – bei einer installierten Leistung von 35,4 GW! Ein Totalausfall.

Die Maximalleistung wurde am 12. Dezember 2014 um 13:30 Uhr erbracht: immerhin lieferten alle WKA Deutschlands 29,7 GW Strom, was fast 84% der installierten Leistung entspricht. Die Windlobby konnte sich selbst auf die Schultern klopfen.

Allein nach der Betrachtung dieser Extremwerte kann man die Behauptung der Onlinemedien als falsch entlarven: es wurde zu keinem Zeitpunkt deutschlandweit die installierte Leistung auch erbracht!

Aber wie sahen die Windenergieeinspeisewerte zwischen diesen Extremwerten aus? Im folgenden Schaubild ist die Häufigkeitsverteilung der tatsächlich erbrachten Leistung in Prozent der installierten Leistung in Tagen zu sehen. Der Balken bei 5% besagt beispielsweise, dass an 84 Tagen des Jahres alle WKA in Deutschland zwischen 0% und 5% der installierten Leistung erbracht haben. An 77 Tagen waren es zwischen 5% und 10% usw.


2014-windkraft-haeufigkeitsverteilung

Deutlich erkennt man ein Charakteristikum der Leistung von Windkraftanlagen in unseren Breiten: sehr häufig bringen diese sehr wenig Leistung und sehr selten ist der Ertrag sehr hoch. Die erwähnten 84% waren ein einmaliger Ausreißer.

Spätestens jetzt kann man die theoretischen Vergleiche der besagten Onlinemedien von Windkraftanlagen mit Atomkraftwerken als unmöglich bezeichnen. Diese Aussagen sind entweder mit absoluter Unwissenheit der Autoren zu erklären oder als bewusste Täuschung einzuordnen!

Zwei weitere Zahlen sind für das Wind-Jahr 2014 interessant. Im Mittel erbrachten die WKA Deutschlands 16,6% der installierten Leistung, das entspricht 5.87 GW. Mittelwerte werden von der Windkraftlobby immer wieder gerne benutzt, da diese die Volatilität – also die absolut zufällige Schwankung zwischen 0% und 84% im Jahre 2014 – des Windstroms verschleiern. Ein Mittelwert von 5.87 GW suggeriert, dass mit einer Verdopplung oder Verdreifachung der Windenergiekapazitäten ein entscheidender Beitrag zur sicheren Stromversorgung Deutschlands geleistet werden kann. Dem ist sicher nicht so, wenn zu jedem Zeitpunkt ein Totalausfall des Windstroms eintreten kann!

Bei der in der Abbildung dargestellten Häufigkeitsverteilung gibt der Mittelwert ein zu positives Bild der Windstromeinspeisung ab. Die wenigen “positiven” Ausreißer “nach rechts” – also Tage mit 60% und mehr erbrachter Leistung im Verhältnis zur installierten Leistung – fallen übermäßig stark ins Gewicht (ähnlich wie bei Aussagen zur Einkommenssituation in Deutschland). Aussagekräftiger in Bezug auf Verlässlichkeit ist der Median. Dieser teilt eine Liste an Zahlen in zwei Hälften: 50% sind kleiner als der Median, 50% sind größer. Im vorliegenden Fall der Windstromeinspeisung liegt der Median deutschlandweit bei 11,7% der erbrachten Leistung im Verhältnis zur installierten Leistung. Das heißt, dass an 182 Tagen des Jahres weniger als 11,7% der installierten Leistung auch erbracht wurde.

Von und mit Dank an Andreas Sindlinger (Gegenwind Weinheim)